Herausforderung Alltag- wie wir das Leben trotzdem feiern

Dienstag, 5. August 2014

Wechsel der Zeiten


Als die Kinder noch kleiner waren und ich von älteren Müttern hörte, denen es schwer fiel das die Kinder auszogen, dachte ich "das passiert mir nicht".
Denn ich habe immer schon darauf geachtet mit meinem Mann auch unabhängig von den Kindern Zeit zu verbringen und auch für mich selbst eine Aufgabe zu haben.

Als die Kinder auszogen passierte es mir dennoch.
Der erste Sohn blieb in Dortmund, von daher war es nicht ganz so schwer. Die Tochter ging zuerst für ein Jahr nach Amerika, kam dann kurz wieder und zog dann komplett aus. Amerika war schon schlimm, aber da standen ihre Möbel noch zu Hause. Später dann waren diese nicht mehr da und es war wieder schwer- weil so endgültig.

Der nächste Sohn ging für zwei Jahre auf ein humanitäres Hilfsschiff und schipperte durch ziemlich viele Kontinente.
In dieser Zeit ging der erste Sohn für einige Zeit nach Algerien um ein Praktikum für sein Studium zu machen. Zeitgleich erreichten uns die Nachrichten das der Sohn auf dem Schiff durch die Schifffahrtsstraße fuhr die immer wieder von Piraten angegeriffen wurde und der Sohn in Algerien schickte uns den Infozettel, den alle Bauingenieure bekamen: "Verhaltensmaßregeln bei Entführungen".

Mit jedem gehen eines Kindes ging auch ein Teil einer sehr schönen Zeit. Unsere Familienzeit neigte sich dem Ende entgegen. Und auch wenn man als Mutter noch mehr Interessen hat und sich auch gut beschäftigen kann, ist es ein Prozess der gelebt werden will und auch muß.

Jedes mal wenn ein Kind ging, habe ich mir Gedanken gemacht was ich schönes mit dem Zimmer anstellen kann und mich gefreut es einzurichten.

So hatte ich ein Büro, ein Gäste/ Musikzimmer und ein Fernseh-/ Lesezimmer.

Kurzzeitig hat es mein Herz erfreut, aber letztendlich brauchten wir es nicht und es war höchstens etwas zum putzen mehr.

Der jüngste wohnt nun noch eine Zeit lang mehr oder weniger mit uns zusammen. Er hat ja hier im Haus schon sein eigenes Appartement und wir sehen ihn nur zwischendurch.
Da ist der Prozess ein anderer.

Nun- als ich mich nach den einzelnen Auszügen wieder erholt hatte und sie gut gehen lassen konnte, habe ich mich über die neuen Freiräume gefreut.

Wenn die Kinder kamen habe ich mich sehr gefreut, wenn sie fuhren gab es einen kurzen Stich und dann war es wieder gut. Jetzt sind sie alle schon einige Zeit selbstständig und haben sich ihr eigenes Leben eingerichtet.
Das führt dazu das wir uns alle sehr freuen wenn sie hier sind und wir zusammen sein können und es dann aber auch für alle o.k. ist wieder auseinander zu gehen.
Jeder hat sich sein eigenes Leben eingerichtet und seine Vorlieben. Da muss man gut kommunizieren.

So weit so gut, dachte ich- die Zeiten sind überstanden.

Aber manchmal, manchmal dann  kommen die Momente in denen eine leichte Schwermut über mich kommt. Eine Schwermut die mir bewusst macht das die Familienzeiten ein für alle mal vorbei sind. Und nicht das ihr denkt ich möchte sie gerne wieder haben. Nein- ich merke das die Zeit gut so ist wie sie ist. Aber dennoch kann es Augenblicke geben in denen man sich damit auseinandersetzen muss. Weil nicht nur die Familienzeit vorbei ist, sondern damit zusammenhängend eine lange Zeit meines Lebens.

Es ist gut das ich 50 bin und ich möchte auch nicht mehr wirklich jünger sein. Dennoch ist es auch mit Trauer verbunden eine lange Lebensspanne in der die Kinder mein Hauptinhalt waren, los zu lassen.

Sie ist unwiderruflich vorbei, jetzt kommt meine zweite Lebenshälfte.

Schön- ich freue mich auf das was noch kommt. Ich denke das es eine wunderbare Zeit ist. In so vielen Dingen selbstsicherer, zuversichtlicher. Man wird nicht mehr so schnell umgehauen, weil man weiß das man schon so manches in seinem Leben geschafft hat.

Trotzdem kommen Momente in denen sie einen überfällt- eine leichte Melancholie. So wie letztens als wir in Holland waren.

Viele Familien am Strand waren........schön war sie die Zeit.
Dankbar bin ich.

Und ich merke das es nicht mit einem mal getan ist, wenn die Kinder ausziehen- sondern das das ganze ein Prozess ist.
Irgendwie ist das auch gut, denn es war schließlich auch eine lange, wichtige Lebenszeit.

Kennt ihr auch solche Prozesse? Wie ging oder geht es euch damit?
Würde mich wirklich interessieren.

Liebe Grüße
Ina

1 Kommentar:

  1. Ja das spricht mir sehr aus dem Herzen, gerade ist unsere Tochter für ein halbes Jahr nach Indien und unsere andere Tochter zieht im September aus um eine Lehre zu machen. Obwohl wir dann noch ein Kind zu Hause haben und ich auch vom Kopf her weis dass dies alles so o.k. ist fühle ich mich im Augenblick wie amputiert.

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